Das Feuerwerk zu Silvester wird auch in diesem Jahr wieder kleiner ausfallen. Ein paar Raketen werden zum Himmel steigen und kleinen und großen Kindern Freude machen. Aber sonst wird dieser Jahreswechsel eher ruhig verlaufen. “Hoffentlich” sagen die einen, “leider” die anderen.
Ich werde wieder zu unserer Kreuzbergkapelle über Marktheidenfeld hochgehen und die beiden Glocken läuten, per Hand - denn es gibt keinen Strom dort. Man wird sie hören!
Wie auch die anderen Glocken von den Kirchtürmen, die pünktlich um Mitternacht das neue Jahr begrüßen werden. “Wie wird es werden?” - ist die Frage, die viele Menschen bewegt in diesen Tagen.
Trotz der Einschränkungen schauen die Deutschen optimistischer in das Jahr 2022. Das ist verständlich, denn kann das neue Jahr schlimmer werden als das vergangene? Mit Pandemie, leeren Stadien, vollen Krankenhäusern, Flutwelle, ...
Ja es kann! Wenn ich realistisch in die Zukunft schaue, muss ich kein Prophet sein, um weitere Katastrophen vorauszusagen. Dafür sorgen der Klimawandel, oder der Machthunger von Staatenlenkern, oder der Leichtsinn und die Unvernunft von Menschen. Wir werden weiterhin viel Kraft brauchen, um mit den Unglücksfällen fertig zu werden und die Herausforderungen anzunehmen, die sich uns stellen. Gibt es auch Positives?
Glocken läuten nicht nur zur Begrüßung des neuen Jahres, sie tragen auch eine Botschaft in die Welt und zu uns. “Anno Domini 2022” - auch das Jahr 2022 wird ein “Jahr des Herrn” sein. Ob uns die Sonne lacht und wir glückliche Stunden genießen können mit Freunden und guten Menschen, oder ob uns die Stürme des Lebens beuteln werden: die Botschaft lautet, dass es einen Grund gibt, auf dem wir unser Leben aufbauen können. Wir gehen nicht allein durch diese Welt, wir müssen unser Leben nicht alleine meistern.
Dazu passt das Lied, das mich an jedem Jahreswechsel begleitet, und es gehört zum festen Ritual vieler Menschen, wie ich weiß. Mit ihm kann ich das Vergangene ablegen und in Gottes Hände zurückgeben, und kann meine Hände öffnen für das, was kommt.
Sie kennen den Refrain sicher auch: “Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.” Was Dietrich Bonhoeffer im Gefängnis zu Weihnachten 1944 Trost und Kraft gegeben hat, als er dieses Lied verfasste, kann auch uns helfen, gut “hinüberzukommen” und das neue Jahr 2022 anzunehmen- komme, was mag. Ich wünsche es uns.
Hermann Becker
Pfarrer in Marktheidenfeld