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Aus dem Tritt kommen

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
ich bin ein leidenschaftlicher Jogger und liebe es, durch die Natur zu laufen. Dabei die eigenen Grenzen an immer längeren und schwereren Strecken zu testen, hat mir schon, seit ich ein Jugendlicher war, Spaß gemacht. Die Läufer unter Ihnen werden bestätigen können: Das Wichtigste, um sich auf einem langen Lauf nicht kaputt zu laufen und schon nach wenigen Metern japsend am Streckenrand zu liegen, das ist eine guter Laufrhythmus.

Ich selbst habe schon seit Jahren die Taktik, mir im Kopf Lieder vorzusingen, um am Anfang nicht zu schnell zu werden oder um mich am Berg von der Anstrengung etwas abzulenken.

Nun geht es mir allerdings schon länger so, dass gerade an den Berghängen ein Lied mir immer wieder in den Sinn kommt, das Sie vielleicht in der letzten Woche am Reformationstag wieder gesungen haben: Ein feste Burg ist unser Gott.

Zuerst ein toller Laufrhythmus: Ein–fes-te-Burg-ist–un-ser-Gott–ein–gu-te-Wehr-und-Wa–ha-ha-ffen.

Toll, mit so einem Takt läuft es sich wie von alleine. Doch vielleicht suchen Sie das Lied einmal in der Originalausgabe im Internet, dann wird ihnen auffallen, dass gerade die zweite Strophenhälfte einen ganz verqueren Takt aufweist.

Darum liebe und hasse ich dieses Lied zugleich, denn der Taktwechsel schmeißt mich jedes Mal aus dem Rhythmus.

Der-a-a-alt-bö-ö-se-Feind-mit-Recht-ers-jetzt-meint-groß-Macht-und-viel-List-sein-grausam-Rüstung-ist… Spätestens da stolpert man über die eigenen Füße.

Frustrierend und doch irgendwie passend und willkommen, denn wenn ich im Kopf „Ein feste Burg“ höre, dann ist es meist mit der Kondition nicht mehr weit her, ist runterschalten und ein paar Meter Gehen angesagt.

Das gerade ein Kirchenlied mich so aus dem Tritt bringt, amüsiert mich aber doch.

Denn manchmal denke ich, bringt uns Gott auch einmal ganz bewusst aus dem Tritt, nicht böswillig, nicht um mich zu strafen, sondern um meinen Blick wieder auf das zu lenken, was zählt. Wir leben in einer Zeit, die den verbissenen, sich nach oben kämpfendem Läufer wertschätzt, auf der Laufstrecke wie im Beruf. Doch dieses aus dem Tritt kommen lehrt mich inzwischen immer wieder, darauf zu achten, dass bei Gott nicht nur die etwas zählen, die von alleine besonders schnell „hochkommen“. Er ist ein Gott, der auch denen, die straucheln und am Boden liegen, besonders nah ist.

Und vielleicht sind Momente, in denen wir aus dem Tritt kommen, nicht nur Hindernisse auf unserem Weg. Ich denke, es sind auch Chancen, einmal den Weg zu hinterfragen, den wir uns vorgenommen haben, aus der Verbissenheit, dem Schaffen herauszufinden und neu einzusteigen.

Ich auf jeden Fall übe mich darin, die Momente, beim Laufen wie im Leben, in denen ich aus dem Tritt komme, als heilsame Pausen wertzuschätzen und dann mit frischem Sinn wieder anzufangen.

In diesem Sinne, bleiben Sie behütet.

Sebastian Roth
Evang. Pfarrer aus Marktheidenfeld