Interview – Bist Du ein Swiftie?
G=Gudrun Mirlein,Remlingen R=Reinhold Grimm,Marktheidenfeld
R: Taylor Swift - Ehrlich gesagt, kenne ich keinen Song von ihr, war auf keinem Konzert, aber ich bekomme mit, was sie bewegt und auslöst. Wie erklärst Du Dir ihre Ausstrahlungs- und ihre Anziehungskraft?
G: So wie ich die Begeisterung um sie mitbekomme habe, ist sie eine starke Frau, die ihren Fans offenbar in verschiedenen aktuellen Lebenssituationen hilfreich zur Seite stehen kann.
R: Es hat den Anschein, dass es ihr gelingt, verschiedenste Menschen zu erreichen und positiv zu beeinflussen. Was glaubst Du, ist das Geheimnis ihres Erfolgs? Ist ihr Erfolg vielleicht auch bedenklich und gefährlich?
G: Erklären kann ich dies nicht, aber für mich zeigt sich hier die tiefe Sehnsucht der Menschen, gerade von Frauen, gesehen zu werden, so wie sind, gestärkt zu werden, sich sicher zu fühlen, Heimat auf dieser chaotischen Welt zu finden. Bedenklich halte ich dies nicht, solange die Fähigkeit mit Enttäuschungen oder Bedrohungen umzugehen, wie jetzt bei der Terrorwarnung und der Konzertabsage in Wien, nicht verloren geht.
R: Ist sie in Deinen Augen ‚nur‘ ein Star oder gar eine Ikone oder ist da mehr? Oder wird diese Begeisterung sich nicht als nachhaltig erweisen?
G: Offensichtlich schafft sie es, ganz unterschiedliche Menschen zusammen zu bringen und ihnen Kraft für das Leben zu vermitteln. Das ist toll! Es wird sich erweisen, was die Zukunft bringt. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich daraus etwas Nachhaltiges entwickeln wird, aber anders als früher, eben schneller, bunter, unvorhersehbar.
R: Lässt sich Taylor Swift mit Jesus vergleichen? Der hat ja auch Menschen fasziniert, bewegt, ermutigt, zu guten Taten angestiftet, eine ‚Fangemeinde‘ gehabt.
G: Mir kommt da schon der Gedanke an Jesus, der auch gerade die Frauen gesehen und gestärkt hat. Er konnte wirklich helfen, wie die Menschen es gebraucht haben, schenkte Sicherheit und Frieden.
R: Wie viel und wen Taylor Swift erreicht, davon können die Kirchen in der Gegenwart nur träumen. Was könnten sie von ihr ‚lernen‘, um auch wieder (mehr) Menschen zu erreichen und zu bewegen?
G: Die Kirche, egal ob katholisch oder evangelisch, ist über die Jahrhunderte zu einem bürokratischen Machtapparat herangewachsen, in dem es nicht mehr vor allem um Liebe, Zuwendung und Heimat geht. Wann hat Dich in Deiner Kirche das letzte Mal jemand wirklich gesehen, mit Deinen Fragen, Nöten, Dich gefragt , wie es Dir wirklich geht? Taylor Swift vermittelt das Verstandenwerden im großen Stil!
R: Wir feiern diese Woche ja Maria Himmelfahrt, manchmal auch „Hoher Frauenfeiertag“ genannt. Taugt vielleicht Maria als Frau, die eine Fangemeinde um sich schart? Oder ist sie, ist die Kirche einfach out, weil zu traurig, zu deprimierend? …Fortsetzung folgt nächste Woche
Reinhold Grimm, Pastoralreferent i.R., Marktheidenfeld
Gudrun Mirlein, evang. Pfarrerin, Remlingen