Von Martini am 11. November bis Mariä Lichtmess am 2. Februar – 40 Tage vor Weihnachten bis 40 Tage danach (also insgesamt 80 Tage) – dauerte früher der Weihnachtszyklus an. Heute ist die Weihnachtszeit nur noch auf die Zeit zwischen dem 1. Advent und der Taufe des Herrn (dem Sonntag nach Dreikönig) reduziert.
„Macht nichts!“, denke ich mir. „Wir modernen Menschen mit Heizung, Strom und elektrischem Licht sind ja gar nicht mehr auf diese ganzen alten winterlichen Symbole, Brauchtümer, Festtage und Riten angewiesen. Wir haben ja unseren Fernseher, den Computer und genügend andere Geräte und Möglichkeiten, die uns über die dunkle Jahreszeit hinwegtrösten und uns die Nächte erhellen.“
Während ich so denke, bringe ich das Altpapier nach draußen und sehe ganz unten im Karton die Reste des Geschenkpapiers von Weihnachten und die leeren Adventskalender meiner Kinder herausspitzen.
Plötzlich springt mich mein kleiner Sohn wütend von hinten an: „Ey, Mama, was machst du da mit meinem Adventskalender? Der wird nicht weggeworfen! Und wo hast du die ganzen Kerzen hingetan? Die brauchen wir doch noch!“
Verschämt schaue ich ihn an, weil er mich erwischt hat, als ich alles verräumen wollte.
„Für was brauchst du diesen leeren, alten Kalender denn noch?“, frage ich ihn.
„Den hat mir die Oma geschenkt – und ich hab die Oma lieb! Der kommt nicht weg!“
Nachdenklich hole ich den alten Kalender aus dem Altpapier und drücke ihn meinem Sohn in die Hände.
Irgendwie hat er ja Recht! Natürlich haben wir „modernen“ Menschen alles, was man zum Leben braucht: Licht, Heizung, Strom, ein Dach über dem Kopf, Essen und über das noch viel mehr. Aber unsere Sehnsüchte sind wohl die gleichen geblieben wie vor 100 oder 1000 Jahren: die Sehnsucht nach Licht und Wärme, nach Geborgenheit und Anerkennung, nach Liebe und jemanden, der mich so annimmt wie ich bin. All das wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen – egal, ob es gerade Weihnachtszeit ist oder der Rest vom Jahr! Und vielleicht kann ja das eine oder andere Ritual dabei helfen diese Sehnsucht zu stillen – und wenn es nur der Schein einer kleinen Kerze ist.
Barbara Stockmann
Pastoralreferentin in den Pfarreiengemeinschaften Frankenapostel und Retztal, Zellingen