Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Pastoraler Raum Gemünden

Stadtansicht Lohr

Pastoraler Raum Lohr

Stadtansicht Karlstadt

Pastoraler Raum Karlstadt

Pastoraler Raum Marktheidenfeld

Wort zum Wochenende

Die Sinfonie unseres Lebens zum Klingen bringen und vollenden

Der überwiegend dunkle, oft triste und stille November lädt uns ein, im Totengedenken uns der Endlichkeit zu stellen: Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag und Totensonntag. Viele konnten im vergangenen Jahr durch Corona ihre Liebsten im Sterbeprozess nicht so begleiten, wie sie es sich gewünscht haben. Manchmal fehlte ein letztes Abschiednehmen. Dadurch sind Wunden entstanden: Gefühle wie Ohnmacht, Hilflosigkeit und Trauer sind noch nicht verheilt.

Deshalb ist es in diesem Jahr umso wichtiger, sich am Grab oder im Elternhaus zu treffen. Durch das Erzählen, wird der Verstorbene wieder unter uns lebendig. Wir sind eingeladen, inne zu halten und zu verweilen bei schönen und wertvollen Momenten so wie auch bei den Knoten, den ungelösten Beziehungsgeflechten, die uns unsere Energie rauben. Manches Verdrängte kommt erst durch den Tod eines lieben Menschen wieder ins Bewusstsein. Nie ist die Waage im Gleichgewicht. Bei niemandem ist alles glatt und vollendet.

Wenn uns Verletzungen und Wunden quälen, dann können wir sie aufarbeiten im Gespräch mit Fachpersonen; ergänzend sind Rituale hilfreich: das Schreiben eines Briefes an den Verstorbenen, das Malen eines Bildes, das Sprechen eines Gebetes oder das Besuchen eines gemeinsamen Lieblingsortes. Manchmal ist aber auch eine Naturübung hilfreich, die ich regelmäßig wiederhole. In der Natur kann vieles heilen, weil sie einlädt, innerlich alles zu lassen und uns auf das Schauen zu konzentrieren. Die Natur ist eine wahre Lehrmeisterin des Herzens.

Im Alltag verteilen wir unsere Energie auf die Wahrnehmung und die mentale Verarbeitung dieser Wahrnehmung. In der Naturübung tritt die mentale Verarbeitung jedoch in den Hintergrund. Im Vordergrund stehen drei Aspekte, die inhaltlich zusammen gehören: das Schauen, das Verweilen und die Achtsamkeit.

Schauen: In der Naturübung bleiben wir voll und ganz in der Wahrnehmung. Dadurch kann die Fülle ans Licht kommen. Wenn wir ganz in der Wahrnehmung sind, dann sind wir auch ganz bei uns.

Schauendes Verweilen: Hier geht es um das Verweilen bei dem Wenigen. Im schauenden Verweilen auf das Wenige lässt sich die Tiefe erahnen. Zuweilen scheint sie uns auf, wie ein Aufleuchten oder Aufblitzen aus der Tiefe. Uns wird in solchen Momenten Klarheit und Tiefe geschenkt. Wunden können heilen.

Schauende Achtsamkeit: Dabei geht es darum, die Wirklichkeit zu würdigen, indem wir anerkennen, dass die Wirklichkeit so ist, wie sie ist, auch dass wir so sind, wie wir sind. Mit wohlwollender Akzeptanz die Wirklichkeit anschauen, weil wir nur annehmen können, was wir als Wirklichkeit wahrnehmen.

Wenn es uns gelingt dankbar festzustellen, dass diese Erfahrungen mit unseren Verstorbenen und all ihren Facetten auch zu uns und wir zu ihnen gehören, dann machen sie unser Leben reicher, fordern uns heraus und  beeinflussen unsere Entwicklung. Nur was wir als unsere Wirklichkeit annehmen, können wir tiefer erkennen und lieben. Nur das kann heil werden. So kann die Sinfonie unseres Lebens immer mehr zum Klingen kommen und sich vollenden.

Petra Bigge
Gemeindereferentin und Klinikseelsorgerin am Bezirkskrankenhaus Lohr und im Klinikum Main-Spessart