Wann waren Sie das letzte Mal in einem Kino, Restaurant, Sporteinrichtung oder einem Bekleidungsgeschäft? Dies ist sicherlich lange her, denn all dies sind Leidtragende der Coronapandemie. Auf nahezu alles, was uns lieb – gar heilig ist – müssen wir seit langem, nicht erst seit der Fastenzeit, verzichten. Aber wirklich ohne Ausnahme?
Immer wieder wurde und wird öffentlich kritisiert, dass die Kirchen dieses Leid der Zwangsschließungen nicht zu tragen haben. „Wie kann das sein?“, „Wieso genießt die Kirche auch weiterhin Sonderprivilegien?“ Das sind sicherlich Fragen, die sich auch so mancher Christ in dieser Zeit stellt. „Die Kirchen müssten ein Zeichen setzen und sich mit den gesellschaftlich und wirtschaftlich Benachteiligten dieser Krise solidarisieren!“, hieß es hier unter anderem.
Also braucht es ein „Gottesdienst-Lockdown“?! Ein Schlagwort, das mich sehr nachdenklich gemacht hat. Beim Nachdenken über diese Forderung wird mir bewusst, dass wir als Kirche scheinbar doch etwas gemeinsam haben: für beides werden Mitgliedsbeiträge gezahlt, doch trotzdem nutzen nur wenige das Angebot. Heute wird versucht, das, was wirklich heilig ist, mit dem gleichzusetzen, was wir persönlich für uns als heilig erachten. Ist die Kirche also wirklich nur noch eine Freizeitaktivität neben vielen anderen? Die Argumentation mit der Religionsfreiheit wird von einigen als haltlos gesehen. Doch entsteht durch die Religionsfreiheit gar ein Zwang zum Gottesdienstbesuch oder eine Diskriminierung, wenn man es nicht tut? Nein, ganz im Gegenteil! Denn wie das Wort es schon fast von alleine sagt: es ist die Freiheit, der Religionsfreiheit nachzukommen und das ist das Grundlegende dabei. Das Praktizieren der eigenen Religiosität ist ein Recht in unserem Land und erlaubt uns, dies zu tun beziehungsweise nicht zu tun. Es ist viel mehr ein offenes Angebot, zu dem wir von Gott selbst eingeladen werden und wir letztendlich Ja oder Nein zu seinem Heilsangebot sagen dürfen. Deshalb darf sich niemand das Recht herausnehmen, anderen die Freiheit zu entziehen. Die einzigen Ausnahmen sind der Staat und die kirchliche Autorität – also auch Priester nicht! Auch in Krisenzeiten ist das Heil der Seelen das oberste Kriterium jedes Handelns. In der katholischen Kirche geschieht dies besonders in den Heiligen Sakramenten, in denen uns Gott in Christus durch das Wirken des Heiligen Geistes selbst begegnet. Bereits die ersten Christen haben sich als „Gesellschaft aus der Welt und in der Welt“ verstanden. Doch schauen wir auch in die restliche Kirchengeschichte, dann sehen wir, dass unsere Glaubensvorfahren das Recht auf freie Religionsausübung und Kultfreiheit – teilweise durch ihr eigenes Blut – erkämpft haben. Aber auch heute müssen unzählbar viele unserer Mitchristen täglich ihr Leben fürchten, wenn sie ihren Glauben offen praktizieren wollen. Doch trotzdem kommen sie jeden Tag zusammen, um miteinander zu beten und ihr Leben aus dem Glauben zu leben.
Liebe Leser, die Kirche Christi verliert gerade in unserem Land zunehmend an Bedeutung. Wir sind soweit, dass ihr der gleiche Stellenwert beigemessen wird, wie jedem anderen Verein auch. Sind wir als Kirche also nur noch ein Verein unter vielen? Ich möchte Sie einladen sich selbst einmal die Fragen zu stellen: „Wie heilig ist mir die Kirche?“, „Wie wichtig ist mir der gelebte christliche Glaube?“ und „welche Relevanz hat dieser für mein Leben?“.
Martin Drzizga
Pastoralassistent in der PG St. Laurentius am Spessart, Marktheidenfeld