Alle zehn Minuten tritt ein Mitglied in Köln aus der Katholischen Kirche aus. Der Frankfurter Stadtdekan Johannes von Eltz klagt enttäuscht: „Ich habe das Gefühl, dass jene gehen, die wir am meisten halten müssten, um als Kirche in der Gegenwart zu bestehen.“
Viele, die (noch) bleiben, haben vom jahrzehntelangen Reformstau die Nase voll. Kirche ist ihnen nicht mehr anschlussfähig an Grundüberzeugungen der Gesellschaft. Beispiel „Menschenrechte“: Die Gleichstellung von Mann und Frau ist heute nicht mehr verhandelbar. Meine Kirche verliert ihre Glaubwürdigkeit, wenn die römische Zentrale Menschen ihre Berufung abspricht, weil sie nicht das „richtige“ Geschlecht oder die „richtige“ Lebensform haben.
Dabei hat Jesus, auf den sich alle Christen berufen, Barrieren eingerissen, wenn religiöse Gesetze Menschen diskriminiert und ausgeschlossen haben. Jesus hat Gemeinschaft hergestellt. Die Gäste an seinem Tisch waren auf Augenhöhe.
Visionen einer gerechten und pfingstfeurigen Kirche brauchen Taten. Schwester Dr. Katharina Ganz, die Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, hat sie am letzten Sonntag beim Abschlussgottesdienst des 3. Ökumenischen Kirchentages in Frankfurt aufgezählt. In ihrer Predigt betonte sie den Auftrag der Kirchen, „zum guten Leben aller beizutragen, ... indem wir menschengemachte Ungerechtigkeiten beseitigen, einseitige männliche Herrschaft überwinden, Berufungen und Charismen aller Getauften und Gefirmten ernst nehmen, Überlebende von sexualisierter Gewalt in die Mitte stellen, die Menschenrechte in den eigenen Reihen respektieren, Frauen den Zugang zu allen Diensten und Ämtern ermöglichen, ein neues Miteinander der Geschlechter und ökumenische Geschwisterlichkeit leben.“
In Bezug auf ihr letztes Anliegen wurde in Frankfurt am Abend zuvor ein Signal gesetzt, das in vielen Gemeinden längst selbstverständliche Praxis ist. Unterschiedliche christliche Konfessionen feierten Gottesdienste und luden einander dazu ein. Der katholische Präsident des Kirchentages Thomas Sternberg nahm am Abendmahl teil. Die evangelische Präsidentin Bettina Limperg feierte die Eucharistie mit.
Das ökumenische Treffen unter dem Motto „Schaut hin“ (Mk 6,38) war für mich, trotz des weitgehend digitalen Formates, ein Mutmacher. Es hat gezeigt, dass in den Kirchen Gastfreundschaft und Freiheit zu Hause sein können. Wo pfingstlicher Geist herrscht, hat Kirche offene Türen, Anziehungskraft und Zukunft.
Burkhard Fecher, Gemünden,
Pastoralreferent, Ehe- und Familienseelsorger,
Ehe-, Familien- und Lebensberater