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Wort zum Wochenende

Manchmal reißt der Himmel auf

Ab und zu nehme ich sie zur Hand – die alten Gesprächsprotokolle aus dem Seelsorgekurs im Predigerseminar.

Wir schwärmten damals auf den Gängen eines mittelfränkischen Kreiskrankenhauses aus. Kurze Einweisung durch die Stationsschwester. Das erste Mal an der Tür zu einem Patientenzimmer. Schwitzende Hände, das Herz klopft wirklich bis zum Hals. Wer wartet da drinnen auf mich? Es ist eine junge Frau. Und sie lächelt mich an. Schnell ist das Eis gebrochen. Schon sind wir mitten im Gespräch. Sie klärt mich auf. Ein Autounfall, Gehirnerschütterung überstanden, die Knochenbrüche verheilen langsam, Narben werden allerdings bleiben – auch im Gesicht.

Sie erzählt ihre Geschichte ganz sachlich. Zwischendrin ein kurzer Satz: „Da fragt man sich schon, warum… arum gerade mir“. Von Gott ist nicht die Rede, aber die Frage ist wohl auch an ihn gerichtet. Seit ihrer Konfirmation war sie nicht mehr in einer Kirche gewesen, sagt sie, aber seit sie wieder laufen kann, geht sie jeden Tag in die Krankenhauskapelle. Ihr gefällt, wenn das Sonnenlicht durch die bunten Fenster fällt. Sie mag die Kerzen. Sie findet Ruhe. Und sie hofft, dass etwas passiert. Wir reden lange, über den Freund, der sie verlassen hat, über ihren Hund, den erstmal ihre Eltern aufgenommen haben. Wenn es geht, möchte sie wieder reisen…nach Schottland, sie hat angefangen, Tagebuch zu schreiben, reflektiert ihre Zeit im Krankenhaus, scheinbar endlose Tage und vor allem Nächte, erzählt kleine Anekdoten übers Krankenhauspersonal. Und sie fragt den „Seelsorger“, ob es hilft, das Beten: „kann das sein, dass plötzlich der Himmel aufreißt und dann kommt so ein warmer Lichtstrahl und hüllt dich ein, und du bist total glücklich und stark und geborgen…Haben Sie so was schon mal erlebt?“ Erwartungsvoller Blick: „Nein“, sage ich, „ich habe einfach das Gefühl, dass ich mit Gott verbunden bin, wenn ich bete, dass er da ist für mich. Das hilft mir.“ Mein Gott, wie trocken, denke ich im Nachhinein. Aber immerhin ehrlich.

„Hm, ja“, antwortet sie nach längerem Schweigen. „Vielleicht schreib ich Ihnen mal.“ Kritzelt meine Adresse auf einen Zettel. Bevor ich mich verabschiede, fühle ich den Impuls, mit ihr zu beten. Ich entscheide mich schließlich, es jetzt nicht zu tun, forme nur in mir ein kleines Stoßgebet: Bitte hilf ihr. Lange habe ich mich gefragt, ob das richtig war.

Viel später schickt sie mir eine Karte. Darauf ein einziger Spruch. Mit lieben Grüßen und ihrer Unterschrift, ihrem Amen – so ist es:

Hoffnung ist ein Geschenk.

Sie kommt wie der junge Morgen nach einer langen Nacht.

Sie kommt dann, wenn du die Augen wieder aufschlägst und erstaunt feststellst:

Es geht ja weiter!         (Rainer Haak)

Diese Karte war lange mein liebstes Lesezeichen. Die Worte sprachen mich an. Und wanderten schließlich ganz nach innen. Um zu bleiben. Ja, manchmal reißt der Himmel auf und ein warmer Lichtstrahl trifft dich…


Michael Nachtrab
Evangelischer Pfarrer in Partenstein