Ostern zählt zu den höchsten Festen der Christenheit. Auf der ganzen Welt gedenken Christen der Auferstehung Jesu Christi. Und feiern sie. Freuen sich der Wirklichkeit dieses Ereignisses. Das ist nicht wenig! Das ist – nicht nur in Zeiten einer Pandemie, die weltweit mittlerweile an die 2,8 Millionen Tote gefordert hat – eine Ansage! Auferstehung Jesu Christi bedeutet: Fest des Sieges über den Tod. Und damit auch Fest des Sieges über unsere Angst vor dem Tod. Müsste es da in dieser so angespannten und anhaltenden Corona-Krise nicht eine schreiende Sehnsucht danach geben, Ostern zu feiern?
Das ist freilich kein zwingendes Plädoyer für Präsenzgottesdienste. Viele Gläubige aus Risikogruppen halten sich nach wie vor stark zurück und besuchen auch keine Gottesdienste. Wenn sie durch das Angebot virtueller Gottesdienste mit einem Bezug zu ihrem Ort oder ihrer Region Ostern mitfeiern können, ist das gut. Und wenn sich darüber hinaus Menschen, die schon länger keine Kirche mehr betreten haben, mal einen Ostergottesdienst „anschauen“, umso besser. Aber ich bin froh, dass wir auch in echten Kirchenräumen als Menschen mit Leib und Seele, die wir eben sind, zusammenkommen können, um die Erlösung zu feiern, die Jesus durch sein Leiden, Sterben und Auferstehen für die ganze Menschheit bewirkt hat. Und auch wenn es legitim ist, darüber nachzudenken, ob und wie das Teilen, Mitteilen und Austeilen des Leibes (!) Christi digital möglich ist, wird die Normalform des Abendmahls und damit auch der christlichen Gottesdienste die Präsenzform bleiben – natürlich in Zeiten wie diesen unter sorgfältigen Hygieneauflagen.
Ich wünsche es der Menschheit so sehr, dass wir uns in dieser so schwierigen, angespannten Lage, im Bewusstsein ernster Lebensbedrohung, auf das besinnen, was unser Leben trägt, und uns für Gott und die Frohe Botschaft von Jesus Christus öffnen. So wie es jetzt in der Natur endlich so richtig nach Frühling riecht – so riechen wir im Osterfest die Überwindung der Vergänglichkeit und des Todes.
Manchmal spreche ich bei Besuchen bei älteren Gemeindegliedern über das Thema Tod. Manchmal frage ich, ob sie über den Tod nachdenken und was ihre Hoffnung ist. Ich merke, dass viele alte Menschen von ihren Erinnerungen zehren und in ihnen leben. Das ist einerseits verständlich und auch wichtig: Wenn es gute Erinnerungen sind, darf man sich auch mit Recht daran stärken und freuen. Andererseits ist es gleichwohl immer ein Rückblick und damit eine Orientierung in die Vergangenheit. Gibt es für alte Menschen denn keine Zukunftsperspektive? Kann der Blick für einen 90-jährigen Menschen denn nicht mehr nach vorne gehen? Jesus hat den Tod überwunden und damit uns allen Zukunft und Hoffnung gegeben. Wir alle haben uns für die Bewahrung der Gesundheit und den Schutz des Lebens einzusetzen; die Kirchen haben aber darüber hinaus auch von der Hoffnung zu reden, die über dieses irdische Leben hinausreicht – wie kurz oder lang es auch sein mag.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen frohe Ostern!
Till Roth
Evangelischer Dekan, Lohr am Main.