In diesem Jahr fällt der zweite Advent mit dem Nikolaustag zusammen. Während die Verehrung von Heiligen den meisten Menschen fremd geworden ist, ist Nikolaus wie Martin und Franziskus ein Heiliger, der die Grenzen des binnenkirchlichen Raums überschreitet. Er „gehört“ den Christen nicht allein, sondern spricht auch Menschen an, die unseren Glauben nicht teilen. Der Tag des Kinderfreundes aus Myra wird zum Vorboten der weihnachtlichen Freude. Die Geschenke an seinem Fest wären zu wenig, um die Popularität des Nikolaus zu erklären. Heilige sind keine Superhelden, aber Vorbilder für ein gelingendes Leben. Sie bemühen sich umzusetzen, was sie als den Auftrag Gottes für ihr Leben erkannt haben. Und das hat Nikolaus, wie es die Legenden erzählen, in besonderer Weise getan, so dass sein Leben, Reden und Handeln Menschen bis heute fasziniert. Wir wissen wenig über den historischen Nikolaus. Er wird um 280 n. Chr. in Patara, Kleinasien, geboren. Als Bischof zeichnen ihn großer Eifer in der Seelsorge und eine liebevolle Sorge um Menschen in Not und am Rande aus. Seine Amtszeit fällt in die Phase des größten Umbruchs in der Geschichte der Kirche. Als junger Mann erlebt er noch die Zeit der Verfolgung von Christen unter Kaiser Diokletian. Als Bischof unter Konstantin wird er Zeuge, wie der Kaiser die Christen stark fördert. Nikolaus wird aber auch in dieser neuen Situation nicht zum abgehobenen „Kirchenbeamten“, sondern zeichnet sich durch seine glaubwürdige und demütige Lebenseinstellung aus.
Nikolaus erfreut sich wohl auch deshalb über die Jahrhunderte so großer Beliebtheit bei den Menschen, weil er für eine Kirche auf Augenhöhe steht. Er ist nicht zuerst ein „huldvoller“ Würdenträger, wie wir es heute mitunter erleben. Obwohl er als streng gilt, ist er der „gute Hirte“, der am Leben der Menschen Anteil nimmt und hilft. Ihm sind, so erzählen es die Legenden, die Sorgen und Probleme der Menschen nicht zu belanglos. Vielmehr verbindet er die Verkündigung des Evangeliums mit dem Leben nach dem Evangelium. Reden und Handeln sind bei ihm eins. Ein slawische Sprichwort sagt: „Wenn Gott jemals sterben sollte, dann würden wir den Heiligen Nikolaus zum Gott machen.“
Nikolaus steht für eine „menschliche“ Kirche, die nicht erziehen, sondern ermutigen, nicht vorschreiben, sondern den Menschen helfen will. Darum ist er auch nicht der pädagogische Helfer der Eltern bei der Erziehung ihrer Kindern, sondern vielmehr der Verbündete der Kinder. An seinem Tag wurde im Mittelalter in den Klosterschulen ein Kinderbischof gewählt, der einen Tag lang den „Großen“ sagen durfte, wo es lang geht. Keine schlechte Idee, oder? Immerhin hat Herbert Grönemeyer schon vor vielen Jahren gefordert:
„Die Welt gehört in Kinderhände / Dem Trübsinn ein Ende. / Wir werden in Grund und Boden gelacht. /Kinder an die Macht“
In unserer PG übernehmen an seinem Tag Kinder seine Aufgabe und basteln Geschenke für die Bewohner des Seniorenheims, die dann der Nikolaus überbringen wird.
Pfarrer Sven Johannsen
Pfarreiengemeinschaft 12 Apostel am Tor zu Spessart, Lohr