November - für viele ist das der schwierigste und schwerste Monat des ganzen Jahres. Das sprichwörtlich graue und nebelige Wetter spielt dabei eine große Rolle, aber auch die Dunkelheit. Nach der Zeitumstellung spüren wir den frühen Abend besonders deutlich und noch dauert es, bis Kerzen und Lichterketten die Vorfreude auf Weihnachten einläuten. Dazu kommt das Fallen der Blätter und das Rascheln des Laubes - alles spricht von Abschied und Ende. Das große Ausatmen der Schöpfung ist jetzt am stärksten zu spüren. Zu allem Überdruss gehen wir ständig auf den Friedhof und erinnern uns an die Verstorbenen: Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag und Totensonntag. Muss das eigentlich sein? Welcher Sinn liegt darin, mich so deutlich meiner Sterblichkeit zu erinnern?
Andererseits haben wir kaum eine wirkliche Alternative. Alles vergeht. Soweit wir es wissen, sind wir Menschen die einzigen Geschöpfe in der Natur, die darum wissen und die darüber nachdenken können. Das kann ein schweres Schicksal sein, aber auch ein großer Segen. Dieses Wissen um die Endlichkeit hat uns Menschen schon immer angespornt. Es hat uns dazu bewegt, unsere Lebenszeit gut zu nutzen, zu lernen und zu gestalten, Großes zu vollbringen. Anknüpfend an das Erbe unserer Vorfahren und aufbauend auf dem, was sie uns hinterlassen haben, ist uns im Laufe der Menschheitsgeschichte ein gigantischer Fort-Schritt gelungen. Nur weil wir um unsere Vorläufigkeit wissen, haben wir es so eingerichtet, dass wir vieles weitergegeben haben und die nächste Generation nicht wieder am Nullpunkt anfangen muss.
Mir bedeutet dieser Gedanke eine große Erleichterung. Er sagt mir, dass ich nicht für alles zuständig bin und auch nicht sein muss. Am Ende wird mir nicht einfach alles genommen, sondern ich darf es abgeben und weiterreichen. Ich kann voll Dankbarkeit zurückschauen auf das, was gewesen ist und es mit Vertrauen loslassen. In all das mich einzuüben, ist mir jedes Jahr das große Geschenk des Novembers. Er gehört zu meinem Leben wie das Ausatmen nach dem Einatmen und erfüllt mich immer wieder neu mit Ruhe und Gelassenheit. Es ist tatsächlich wie ein kleines Sterben, aber es übt mich ein, in das, was unabänderlich ist. Es schafft Raum in mir für Neues und, weil ich glauben kann, dass auch das letzte Sterben kein letztes Ende bedeutet, lerne ich, auch diesem Punkt mit größerem Vertrauen entgegen zu gehen. Dass uns dies auch in diesem November wieder gelingt, das wünscht von Herzen
Ihr Thomas Wollbeck,
Pfarrvikar im Pastoralen Raum Karlstadt.