Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Wort zum Wochenende

Unkraut

Es ist 6.53 Uhr und ich komme gerade aus dem Garten. Unkraut jäten, solange die Erde noch feucht und locker ist, auch wenn man meinem Garten die Säuberungsaktion nie ansieht.

Mit dem Unkraut ist das ohnehin so eine Sache.

Denn herauszufinden, was dazu gehört, ist nicht immer so einfach. Oft genug sind es ja nicht die Pflanzen an sich - sondern die am falschen Ort. Judastaler zwischen den Rosen: Unkraut. Judastaler zwei Meter weiter am Hausrand - absolut gewollt und gern gesehen. Schöllkraut gilt auch als Heilkraut - ich reiße es aus.

Mit dem Unkraut im Leben ist das ja genauo. Manchmal ist es nur das falsche zur falschen Zeit oder am falschen Ort. Manchmal nimmt es überhand und dann wieder ist es Teil einer unglaublich bunten Vielfalt, die ich auch lernen kann zu schätzen.

Es wäre so leicht zu sagen: Alles, was ich nicht gesät habe, ist Unkraut und gehört nicht dazu. Alles, was ich nicht für gut befinde, alles, was nicht meinen moralischen Ansprüchen genügt, darf nicht gedacht, gesagt oder gelebt werden. Und wenn ich nicht früh genug damit anfange, das Falsche herauszureißen, dann krieg ich es nicht mehr los. Das mag sein.

Außerdem ist es schweißtreibend und es bleibt immer etwas hängen. Und am Ende bleibt die Frage, ob sich der ganze Aufwand auch gelohnt hat..Weil es immer noch nicht ganz weg ist. Weil noch Spuren zu sehen sind: Dreck unter den Nägeln, Kratzer am Arm - oder bleibende Spuren an Geist und Seele.

Aber vielleicht täte mir dann auch ein bisschen Gelassenheit gut - und das Vertrauen auf einen anderen. Der einmal irrtümlich für einen Gärtner gehalten wurde, gleich nach der Auferstehung. Gleich nach seiner Neuwerdung. Ich habe mich schon immer gefragt, wie Maria auf diese Idee gekommen ist. Das heißt doch, sie hat keinen rein-weißen, welt-entrückten Auferstandenen gesehen. Sondern einen, an dem die Spuren seiner Arbeit noch zu sehen sind. Die Wundmale können es nicht sein, zumindest nicht alleine. Es muss der Dreck unter seinen Nägeln sein - die Spuren an den Händen, die er sich schmutzig gemacht hat. Weil er in unserem Dreck herumwühlt, um uns von unserem Unkraut zu befreien. Fertig ist er nicht damit geworden - aber den Anfang hat er gemacht.

Gott sei Dank hat er mich nicht irrtümlich für Unkraut gehalten. Sondern lässt mich stehen. Und weiter wachsen. Und hoffentlich auch einmal gute Frucht bringen.

Stephanie Wegner
Evanglische Pfarrerin in Kreuzwertheim